Bürohochhaus Finkenwerder

Landmarke
Das neue Hochhaus fügt sich in die Kette der Hochhäuser entlang der Elbe ein. Es markiert die Einmündung zum Steendiekkanal, und bietet Personen und Fahrzeugen an und auf der Elbe Orientierung.

Verteilung der Baumassen
Die erwarteten Nutzflächen ließen sich im Rahmen des Grundstücks und der Höhenbeschränkung entweder in einem sehr massiven Solitär oder einer Blockstruktur nachweisen. Demgegenüber erscheint es sinnvoller, die Baumasse auf zwei Bauteile, einen Hochhaus, und einen niedrigeren Baukörper zu verteilen.

Ein Ort für Finkenwerder
Die Baukörper fassen einen öffentlich zugänglichen Platz auf dem Gebäudesockel. Von dem erhöhten Standpunkt lassen sich der Fluss und das Stadtpanorama überblicken. Sitzstufen, und die Außenbestuhlung der Gastronomie laden zum Verweilen ein. Der Kiosk am Fuß der Freitreppe bietet einen zusätzlichen Anlaufpunkt für Passanten. Der Rüschpark wird auf diese Weise auf den Sockel, bis an die Gebäudekanten erweitert.

Sichtbeziehung zum Jenischhaus
Das neue Hochhaus steht etwas weiter westlich, als der Bestandsbau. Es wird auf diese Weise aus der Sichtachse des Jenischhauses gerückt. Die Gebäudekanten sind so ausgerichtet, dass vom Park aus nur die Schmalseite zu sehen ist, und der Blick genau in die Fuge zwischen den Baukörpern fällt. Der niedrigere Bauteil ist für die Fernwirkung unkritisch da die Oberkante unterhalb der Geestkulisse liegt.

Städtebauliche Raumbildung und Anamorphose
Die Gebäudeflanken beider Gebäudeteile sind außerwinklig gestreckt, um die Baukörper in die städtebaulichen Fluchten der Umgebung einzupassen, und die Plätze auf dem Sockel zu fassen. Ein resultierender anamorphotischer Effekt lässt die außerwinkligen Kubaturen auf der Elbseite rechtwinklig erscheinen. Die Gebäudeteile erscheinen dadurch deutlich kleiner, als sie in Wirklichkeit sind.

Materialität
Das Gebäude gehört zu Finkenwerder. Es erhält Fassaden aus rotem Backstein, die es eindeutig in den Kontext dieses Stadtteils verorten. Das rote Hamburg grüßt das weiße Hamburg über den Fluss.

Gestaltende Tragstruktur
Die Fassade bildet die Tragstruktur des Gebäudes ab. Das robuste Raster aus Trägern und Stützen mit den flächenbündigen Fenstern knüpft an vorhandene Hafenarchitekturen an. Die Anzahl der Fassadenöffnungen eines Bauteils ist auf den sich gegenüberliegenden Fassaden immer genau gleich. Durch die Streckung der Gebäudekanten werden die Wandflächen und die dazwischenliegenden Öffnungen entsprechend unterschiedlich weit gedehnt. So sind die auf den ersten Blick gleichförmigen Fassaden bei näherer Betrachtung individuell verschieden.

Glasfassaden
Die Fenster der Obergeschosse können zur Belüftung geöffnet werden. Sie werden durch Prallglasscheiben vor Wind und Witterung geschützt. Der Zwischenraum wird über zurückgesetzte Lüftungsgitter von Außenluft durchströmt. Der äußere Sonnenschutz befindet sich hinter der Prallglasscheibe. Die Reinigung der Prallglasscheiben erfolgt mittels einer Fassadenbefahranlage. Im Erdgeschoss sind zwischen den Stützen bodentiefe Glasfassaden vorgesehen. Vor der Gastronomie, und neben dem Eingang sind die Glasfassaden hinter der Stützenreihe zurückversetzt, um einen geschützten Übergangsbereich zu schaffen.

Erschließung und Fluchtwege
Der gemeinsame Haupteingang der Gebäudeteile liegt in einem Verbindungsbau zwischen den Baukörpern. Das Foyer ist gleichermaßen von Finkenwerder und von der Elbseite aus zugänglich. Von hier werden Die beiden Erschließungskerne mit den Aufzügen erreicht. Je ein Sicherheitstreppenhaus dient als baulicher Rettungsweg. Stichflure im Erdgeschoss und im Sockel führen von den Treppenhäusern direkt ins Freie.

Nutzung und Flexibilität
Im Erdgeschoss werden Nutzungen mit öffentlichem Bezug vorgeschlagen, die über die interne Nutzung hinausweisen: Eine Gastronomie mit Außenbestuhlung bietet den Beschäftigten der Umgebung mittags eine Kantine. Diese fehlt am Ort bisher. An der elbseitigen Gebäudespitze könnte eine KiTa eingerichtet werden. Weitere Nutzungen wären ein Gründerzentrum, und Flächen für sportliche Betätigung, etwa Yogakurse.
Alle Obergeschosse werden in autark vermietbare Nutzungseinheiten unter 400 m2 unterteilt. Je Geschoss sind dies drei Nutzungseinheiten im Hochhaus und zwei Nutzungseinheiten in dem niedrigen Gebäudeteil. Alle Nutzungseinheiten erhalten unabhängige Zugänge, sowie Sanitärräume und Nebenräume im Gebäudekern. Das 1,35 m-Ausbauraster ermöglicht den flexiblen Ausbau. Die variierenden Gebäudetiefen bieten sich auch für Open-Space-Ausbauvarianten an.

Warftsockel
In dem Warftsockel werden Stellplätze auf zwei Ebenen organisiert. Die Zufahrt erfolgt unauffällig von der Westseite. An der Süd-Ost-Seite dient Ein Tor im Sockel als Anlieferung der Gastronomie. Am Fuß der Freitreppe wird ein Kiosk für Passanten ist zum Elbufer orientiert.

Altes Verwaltungsgebäude
Das alte, fünfgeschossige Verwaltungsgebäude könnte in das vorgeschlagene Gebäudeensemble als dritter Baustein integriert werden. Es erscheint jedoch konsequenter, die Aufenthaltsqualität des neuen öffentlichen Ortes durch die Öffnung zur Elbe zu stärken. Der Bestandsbau sollte daher abgebrochen werden.

Dachaufbauten
Aufbauten der Haustechnik und Antennen werden in die Gebäudemitte gerückt, und hinter einer erhöhten Attika verborgen. Das Dach des niedrigeren Baukörpers wird begrünt.

Barrierefreiheit
Die Freiflächen auf dem Gebäudesockel werden über zwei Rollstuhlrampen an der Nord- und Südseite erschlossen. Aufzüge dienen alle Obergeschosse an.

Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit
Die folgenden Aspekte des Entwurfs unterstützen die Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit:

  • Die kompakten Baukörper weisen ein günstiges A/V-Verhältnis auf.
  • Jeweils nur ein Erschließungskern mit nur einem Sicherheitstreppenhaus erschließt alle Geschosse.
  • Die flexiblen Grundrisse lassen über die Lebensdauer des Gebäudes eine hohe Anpassungsfähigkeit an wechselnde Nutzungen erwarten.
  • Die Gleichförmigkeit der Obergeschosse erlaubt ein hohes Maß an Vorfertigung.
  • Alle Lasten werden ohne Auskragungen direkt in den Grund abgetragen.
  • Das Verblendmauerwerk ist sehr langlebig und wartungsarm.
  • Alle Hauptnutzflächen werden natürlich belichtet.
  • Der ausgewogene Glasanteil der Fassaden optimiert Heiz- oder Kühlbedarfe
  • Die Beheizung erfolgt über konventionelle Heizkörper an den Brüstungen.
  • Die Kühlung kann auf Konferenz- und Serverräume beschränkt werden. Eine Bauteilkühlung ist nicht erforderlich.
  • Der Gebäudesockel wird in großen Teilen intensiv begrünt.

Ökologische Bauweise
Das Gebäude ist, bis auf die Fassaden und Beton-Erschließungskerne, materialneutral konzipiert. Die robuste Tragstruktur des Gebäudes erlaubt alternativ zu einem konventionellen Massivbau eine Ausführung in Holzbauweise.

 

 

 

WBW 2019 2. Preis
Planung 2019
Fläche 29.160 qm BGF
Baukosten 36.327.600 €
Bauherr MAGNA Hein-Sass-Weg 38 PE GmbH
Standort Hein-Saß-Weg, Finkenwerder
Team Julian Hillenkamp, Christoph Roselius, Tim Bruder